Letzte Nacht war furchtbar. Ich war hundemüde. Müde bin ich immer, ja, aber ich war schlaf-müde. Heißt, mir sind die Augen schon zugefallen, ehe ich ins Bett kriechen konnte. Kaum das ich lag, bin ich weggenippt (=eingedöst; eingenickt). Gut 15-20 Minuten später (nachdem ich mich überhaupt in die Federn begeben hatte) schreckte ich hoch. Da war was. Da waren Bilder hinter meinen Augen. Ein Alptraum. Der erste in dieser Nacht.
Ich lag auf einer Krankenhausliege. Nicht einem Krankenhausbett. Es war eine Liege, wie es sie in der Notaufnahme gibt, mit Kreppband ausgelegt. Schmal. Alles war seltsam grau und grell. Jemand saß neben mir, hielt meinen linken Arm in Händen, wollte Blut abnehmen. Er setzte die Spritze an, und mir wurde ganz komisch, die Hand schwoll an, alles kribbelte und schmerzte; es schien mir, als stimme etwas nicht. Dann hörte ich eine Stimme, die schrie (panisch): "Da ist Luft drin!"
Ich schreckte hoch, schweißgebadet. Ich faselte etwas wie "der hat Luft in meine Venen gespritzt". Mein Kopf war noch nicht klar, die Bilder vor meinen Augen waren zum Greifen nahe. Dieser Quacksalber, der mir hatte Blut abnehmen wollen, hatte die Spritze falsch gesetzt... so schoss es mir durch den Kopf, und: "ich sterbe gerade". "Da ist Luft in meinen Venen". "Der hat mich umgebracht."
Es dauerte einige Minuten, bis ich gewahr wurde, das die Dunkelheit um mich herum allein davon herrührte, das ich im Bett lag. In meinem Zuhause, meinem Schlafzimmer war. Das ich hier in Sicherheit war. Geborgen.
Ein weiterer Alptraum folgte kurz darauf, doch darauf möchte ich nicht eingehen, nicht hier an dieser Stelle. Eine Stunde später, als ich mich traute, die Augen wieder zu schließen, nickte ich erneut weg. Wirklich geschlafen habe ich nicht, jedenfalls fühlte ich mich nicht so.
Die alte Wohnung von meinem Cousin, in der ich einige Jahre mit ihm gewohnt hatte.Anfangs war er gut gelaunt, ich nicht. Ich hatte ein mulmiges Gefühl. Ich lag. Ob es ein Bett war oder der Boden, weiß ich nicht zu sagen, daran erinnere ich mich nicht. Dann spürte ich tiefen Schmerz. So ein gewaltiger Schmerz, bei dem man nicht mal mehr genug Tränen hat, um ihn herauszulassen. Keine Kraft, um zu schreien. Keine Kraft mehr, um Wut zu fühlen. Er schlug auf mich ein, hatte etwas in der Hand, mit dem er mir ins Gesicht prügelte. Auf den Körper, immer und immer wieder. Ich sah sein Gesicht, lachend und riesengroß, als würde er den Raum ausfüllen. Verzerrt alles vor lauter Hass und Gewalt, vor Aggression und Zorn. Er schrie mich an. Ich blutete, und mein Herz tat weh, meine Seele schien den Körper zu verlassen...
Ich bekam keine Luft mehr, als ich aufwachte. Ich japste einen Moment, ich hatte Herzrasen und furchtbare Angst. Alles war dunkel, ich konnte nichts sehen, keine Schemen, nichts. Ich konnte nicht atmen, der Kopf pochte. Eine Stimme - ohne Worte - sagte zu mir: "Ich bin immer bei dir, du bist hier sicher." Eine unsichtbare Hand strich mir über die Wange, über das Haar, ganz sanft, zärtlich. "Ich werde dich nie alleine lassen. Du bist in Sicherheit bei mir."
Langsam kehrte die Atemluft zurück, der Herzschlag normalisierte sich. Wieder wurde mir bewußt, das ich im eigenen Bett war, fernab und schon sehr lange weg von dieser Gewalt. Nur ein Alptraum. Wieder mal.
Diese Träume kommen oft. Zu oft. Alles zerbricht und zerbirst unter mir, alles zerfällt, bricht auseinander, blutet, schmerzt und raubt mir den Atem, die Kraft, die Lebensenergie. Und doch gibt es immer etwas in diesen furchtbaren Momenten, in denen mich die Traum-Angst übermannt: diese Stimme in mir, die mich ruft, die mich in die Realität zurückholt, die mir sagt, das ich nicht alleine bin mit all dem Schmerz und Leid der Vergangenheit. Die Stimme, die zu jemandem gehört, der tief in mir ist, in meinem Herzen, meiner Seele. Die Stimme, die mich befähigt, an diese herrliche Gegenwart zu glauben, an die wunderbare Zukunft, ohne all dieses Elend und die brutale Gewalt, ohne all die Schläge und Ungerechtigkeit. Ein Engel? Möglicherweise. Aber vermutlich doch eher die Vernunft, die mich vor all diesen Alpträumen der Vergangenheit bewahrt, vor diesem Schrecken, und mich hoffnungsvoll und vor allem vertrauensvoll in ein besseres, behütetes Leben blicken läßt.
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